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Kinder früher fördern
Bertelsmann Stiftung auf der Buchmesse Leipzig

Konzeption und Regie
Auftrag: Nordmann Event Consulting / Bertelsmann Stiftung
Leipzig, 2008


„In den ersten Lebensjahren wird das Fundament für die gesamte Lebens- und Lernzeit eines Menschen gelegt. Kinder müssen so früh wie möglich in ihrer Entwicklung gefördert werden, weil jedes Kind ein individuelles Recht auf Bildung hat und die Gesellschaft alle Talente nutzen muss. Wir wollen und müssen jedes Kind mitnehmen. Jedes Kind muss ab Geburt so gefördert werden, dass es seine Persönlichkeit und Fähigkeiten optimal entfalten kann.“
(Zitat: Website Bertelsmann Stiftung)

Ich habe selten eine inhaltlich so spannende Veranstaltung begleiten dürfen. Als ehemaliger Erzieher und zeitweise Kindergärtner gab es für mich wohl kaum ein Thema, das uninteressant war.
Moderiert wurde die Veranstaltung durch Martin Quilitz und seine Tochter, die „den arbeitenden Vater immer wieder als Kind aufsuchte, um seine Aufmerksamkeit einzufordern“. Das Konzept ging gut auf, da das Kind recht schauspielerprobt ist und die Szenen authentisch wirkten.
Auch das Bestreben, Politiker und Manager oder Forscher mit der A-Capella-Gruppe „Fünf Hüte“ zusammen singen zu lassen, funktionierte – wider manche Ängste im Vorfeld – hervorragend.


Leipzig/Gütersloh, 13. März 2008 / Text: Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
Frühkindliche Bildung bringt hohe Rendite
Krippe und Kindergarten haben eine enorme Wirkung auf die Bildungsfähigkeit benachteiligter Kinder / Experten warnen vor dramatischen Folgekosten versäumter Bildungschancen

Eine geradezu traumhafte Rendite erwirtschaftet langfristig jeder Euro, der in die frühe Förderung von Kindern – also noch vor der Schulzeit – investiert wird. Das hat der Nobelpreisträger für Ökonomie, James J. Heckman von der University of Chicago, ausgerechnet. Wie das funktioniert, erläuterte er gemeinsam mit anderen internationale Fachkollegen am 13. März auf dem Kongress „Kinder früher fördern – Wirksamere Bildungsinvestitionen“ der Bertelsmann Stiftung, der im Rahmen der Leipziger Buchmesse stattfand.
Weniger Schulabbrecher, weniger Teenagerschwangerschaften, weniger Kriminalität – und stattdessen höhere Bildungsabschlüsse, mehr Produktivität und bessere Gesundheit, das wären die messbaren Erfolge einer verantwortungsvollen Bildungspolitik, so Heckman. Sie müsse sich darauf konzentrieren, Benachteiligungen schon in Krippe und Kindergarten auszugleichen. Nach der Grundschulzeit hätten sich die Unterschiede sonst bereits manifestiert. Die Politik habe dies offenbar noch nicht begriffen. „Wir unterwerfen diese Kinder einer schlechteren Entwicklung“, so Heckman.
Elementare Fähigkeiten wie emotionale und soziale Reife, Neugier und Freude am Lernen brächten viele Kinder heute nicht mehr von zu Hause mit. Das familiäre Umfeld habe sich in vielen Ländern besorgniserregend verschlechtert, so Heckman. Je später die Förderung sozial benachteiligter Kinder durch die Gesellschaft einsetze, desto teurer werde es, Benachteiligungen zu kompensieren.
Dass dies auch für Deutschland gilt, belegen die Ergebnisse der Studie „Volkswirtschaftlicher Nutzen von frühkindlicher Bildung in Deutschland“ im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Ergebnis: Nicht die Gene, sondern Familie, soziales Umfeld und Einkommen der Eltern entscheiden über den Bildungsweg von Kindern. Auf diese Weise „vererbt“ sich soziale Ungleichheit immer weiter, wenn nicht bereits sehr früh gegengesteuert wird. Für benachteiligte Kinder, die eine Krippe besucht haben, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, später ein Gymnasium zu besuchen, signifikant und zwar deutlich stärker als bei nicht Benachteiligten.
Die rund 200 Teilnehmer des Kongresses aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Verbänden zeigten sich beeindruckt. In einer moderierten „TED-Umfrage“ war eine deutliche Mehrheit von ihnen überzeugt, dass Bildungspolitik sich zukünftig mehr darum kümmern müsse, benachteiligte Kinder schon vor der Schule zu fördern.
Aber von welchen Variablen hängt es ab, ob frühe Bildungsangebote fruchten? Welche Methoden und Maßnahmen greifen? Wie kann frühe Bildung sozialen Wandel einleiten? Fragen die Prof. Dr. Clyde Hertzman von der University of British Columbia in Kanada eingangs seiner Präsentation formulierte. Um die Perspektiven einzelner Kinder möglichst genau bestimmen zu können, erstellten Bildungs- und Gesundheitsbehörden dort für alle 59 Schulbezirke eine beispiellos umfangreiche Datensammlung.
Erfasst werden Indikatoren wie Gesundheit, Sozialkompetenz, emotionale Reife, kognitive und sprachliche Fähigkeiten. Die Ergebnisse dieser flächendeckenden Entwicklungsstandserhebung von 5-jährigen Kindergartenkindern werden verknüpft mit den Merkmalen ihres lokalen sozialen Milieus. Die Besonderheit: Die Untersuchung ist sozialräumlich so kleinteilig, dass selbst minimale Unterschiede in den 470 „Neighbourhoods“ erkennbar sind. Weil sie als Längsschnittstudie angelegt ist, werden Entwicklungen und Perspektiven erkennbar. Ergebnis ist ein Bildungsatlas, auf dessen Dokumentationsbasis strategische Handlungsanleitungen, mit denen in Nachbarschaftskontexten für Kinder förderliche Entwicklungsbedingungen geschaffen werden können, entstehen.
Die Datenerhebung hilft also Benachteiligungen und Risiken des zukünftigen Bildungsverlaufs früh aufzuspüren. So können schon vor dem Schuleintritt wichtige Weichenstellungen stattfinden: Unterstützung der Eltern, Stärkung des Stadtteils, Maßnahmen in der „Preschool“. „Je genauer die Daten, desto besser die Argumente“, so Hertzman. Nach und nach habe man die Akteure in Politik und Verwaltung auf allen Ebenen von der Wirksamkeit sozialräumlich maßgeschneiderter Konzepte überzeugen können. In Deutschland habe man noch nicht einmal die wenigen vorhandenen Daten ernsthaft genutzt, so Prof. Dr. Dr. Dr. Wassilios E. Fthenakis von der Freien Universität Bozen. Für die Versäumnisse unseres Bildungssystems fand der Mitautor des 7. Familienberichts der Bundesregierung drastische Worte: Unser Bildungssystem sei nicht für gelungene Bildungsbiografien geeignet, sagte er. Für Kinder mit schlechteren Startchancen – Migranten, Bildungsferne und heute vielfach die Jungen – werde Bildung eher verhindert. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, über Bildungsinstitutionen und deren Leistungen nachzudenken. Als Handlungsgrundlage brauche man eine solide Datenbasis. „Wie schaffen wir es, dass sich ein Bürgermeister fragt, wie kann ich meine Kommune zu einer bildungsorientierten Gemeinde machen?“, sagte Fthenakis und forderte die Politik auf, Konsequenzen zu ziehen. Es bedürfe dringend einer „Meta-Analyse“ der 15 unterschiedlichen Bildungspläne für eine länderübergreifende Grundlage. Fthenakis ermutigte die Bertelsmann Stiftung, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen und sich der „zeitaufwändigen Aufgabe“ zu stellen.
Dass Daten gute Argumente sind, ließ sich an der abschließenden TED-Umfrage unter den Tagungsteilnehmern ablesen. Denn am Ende sprachen sich fast 80 Prozent der Anwesenden dafür aus, Bildungsmittel je nach sozialräumlichem Bedarf „ungleich“ zu verteilen. Programmleiterin Anette Stein kommentierte: „Bildungsmittel ungleich zu verteilen, um gleiche Chancen zu schaffen – diese Vorstellung stößt bisher noch auf sehr viel Widerstand. Das ist in Deutschland noch ein echtes Tabu.“
Die Zukunft unserer Gesellschaft hänge von frühen Weichenstellungen für Bildung ab, so Dr. Johannes Meier, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Sie sei nicht nur die Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, Lebensqualität und Gesundheit jedes Einzelnen. Sie sei auch der beste Weg für Integration, Engagement und Demokratie sowie eine unerlässliche Voraussetzung für Fortschritt und Wirtschaft in der globalisierten Welt. Es sei „suizidal“ für eine Gesellschaft, dies nicht zu erkennen.


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